Mütter und Väter im Pflegeberuf - immer mehr Arbeitgeber passen sich Ihnen an
Früh morgens aufstehen, Frühstück vorbereiten für die Kinder, die Kinder anziehen, zum Schulbus bringen, Wäsche waschen und sonstige Hausarbeit erledigen. Dazu noch in Teilzeit arbeiten und irgendwann vielleicht auch einmal verschnaufen. Viele berufstätige Mütter und Väter kennen das. Sie kennen den Dauerstress und die schier unbesiegbare Müdigkeit. Dass es gerade im Pflegebereich, der ja mit vielen Vorurteilen zu kämpfen hat, Ausnahmen geben soll, scheint selten zu sein. Doch gibt es auch positive Gegenbeispiele.
"Ich kann zeitlich so arbeiten, dass ich Beruf und Familie vereinen kann. Das ist alles andere als selbstverständlich im Pflegeberuf."
Monika Mancioc, examinierte Pflegefachkraft, ist dreifache Mama und arbeitet seit Ende der Elternzeit zwei Mal die Woche im Spätdienst, also von 16 - 22 Uhr in der Ambulanten Krankenpflege Tutzing. "Ich kann zeitlich so arbeiten, dass ich Beruf und Familie vereinen kann. Das ist alles andere als selbstverständlich im Pflegeberuf.", sagt sie. Denn in vielen ambulanten Pflegediensten gibt es rotierende Schichtsysteme, die oft sehr früh beginnen. Doch Monika hat mit ihrem Arbeitgeber vereinbart, dass sie dienstags und mittwochs am späten Nachmittag arbeitet. Die beiden Tage bedeuten für sie: viel Koordination und gutes Zusammenspiel innerhalb ihrer Familie. An ihren beiden Arbeitstagen isst Mancioc noch gemeinsam mit ihren Kindern bei ihrer Mutter zu Mittag. Anschließend fährt sie zur Arbeit und weiß die Kinder bei ihrer Mutter in guten Händen. Ihr Lebensgefährte holt die Kinder abends ab und bringt sie zu Bett. "Koordination ist das A und O. Jeder muss mithelfen, sonst funktioniert es nicht.", drückt sie es mit ihren Worten aus. Und dennoch: Mancioc ist froh, dass sie in Teilzeit arbeiten kann, und vor allem, dass ihr Arbeitgeber sie so unterstützt. Denn sie findet es nicht selbstverständlich, dass einer Mutter nach der Elternzeit so flexible Arbeitszeiten eingeräumt werden. Für Mancioc ist es zwar fordernd, spätabends zu arbeiten, aber so kann sie tagsüber trotzdem für ihre kleinen Kinder da sein. An den restlichen Wochentagen kann sie Termine wahrnehmen, Besorgungen erledigen, Zeit haben für sich und ihre Familie. Und auch sehr wichtig für Mancioc: "Hier bekomme ich auch außerhalb von Zuhause Wertschätzung und sehe mal was anderes."
"Gerade in Zeiten des Pflegenotstandes kann es nicht sein, gute Bewerber abzuweisen, weil die Arbeitszeitstruktur so festgefahren ist. Es musste sich etwas ändern."
Auch Marion Wolf, Pflegedienstleitung der Caritas Sozialstation Memmingen, kennt die Schwierigkeiten, die Eltern haben, die als Pflegerin oder Pfleger arbeiten. "Im Jahr 2009, als mein Sohn noch klein war, haben mein Mann und ich alles um meine Arbeit herum organisiert. Wenn ich Frühschicht hatte, schlief unser Sohn unter der Woche bei seinen Großeltern, damit ich früh morgens, zwischen sechs bis halb sieben Uhr, mit meiner Pflege-Tour beginnen konnte. Das war damals ganz normal in meinem Tätigkeitsbereich.", erzählt Wolf. Dann begann Wolf als Pflegedienstleitung zu arbeiten. Sie erhielt viele gute Bewerbungen von jungen Müttern, die gerne arbeiten wollten, aber oftmals keine Lebenspartner oder Eltern im Hintergrund hatten, die sich unter der Woche um die Kinder kümmern konnten. Dann beschloss Wolf, dass sich etwas ändern müsse. "Gerade in Zeiten des Pflegenotstandes kann es nicht sein, gute Bewerber abzuweisen, weil die Arbeitszeitstruktur so festgefahren ist. Es musste sich etwas ändern.", sagt Wolf und führte damals in der Ambulanten Pflege der Sozialstation Memmingen die "Mütter-Tour" ein. Das bedeutet, dass sie Klienten ausgewählt hat, die beispielsweise nicht täglich versorgt werden müssen, die gerne länger schlafen oder die nur für bestimmte Tätigkeiten eine Betreuung brauchen. Daraus erstellte sie einen Tourenplan. Die Tour beginnt zwischen halb acht und acht Uhr morgens - Zeiten zu denen Kitas, Kindergärten oder Schulen für gewöhnlich schon geöffnet sind. Dann können die Mütter oder Väter bis circa 11 Uhr arbeiten. "Und wenn ein Kind einmal früher aus der Schule kommt, können wir das natürlich auch irgendwie organisieren", sagt Wolf. Inzwischen gibt es sogar zwei "Mütter-Touren", die von Pfleger*innen der Sozialstation Memmingen gefahren werden.
Gerade die Corona Zeit zeigt ja einerseits, wie gefordert und wichtig Pflegekräfte für unsere Gesellschaft sind. Andererseits haben wir erfahren, wie anstrengend es für berufstätige Eltern ist, Familie und Beruf gerecht zu werden. Vielleicht wird es ja in Zukunft in mehreren Einrichtungen Modelle wie die "Mütter-Tour" geben - womöglich könnten den Einrichtungen dann wertvolle Pflegekräfte länger und glücklicher erhalten bleiben. (Karin Pill)